Der sehr emotionale Jungfraumarathon 2016

Es war im Februar als ich mich halbwegs entschied am Jungfraumarathon 2016 zu starten. Doch ich war zu spät um mich anmelden. Alle 4000 Startplätze waren bereits ausverkauft. Jä nu. Nicht so schlimm…

Dann verletzte sich Kollege Richu und machte mir das unmoralische Angebot, für Ihn am Jungfraumarathon zu starten. Es war mir nicht so wichtig. Doch ein gewisser Reiz war ja da, sonst hätte ich die Anmeldung nicht bereits im Februar versucht. Ich zögerte meine Antwort immer weiter hinaus, bis genau zum Abend, am 28. April 2016.

 

Meine Lieblingsnachbarin Katerina. Sehr oft habe ich mit Dir auch über das joggen geredet. Ein paar mal machten wir auch gemeinsam ein paar Kilometer. Ich motivierte Dich beim Training noch einen extra Hoger zu bejoggen und den angefangenen Kilometer immer fertig zu laufen. Du warst sehr ehrgeizig und eine stets motivierte Kämpferin. Sehr gerne hättest Du am GP und am Frauenlauf teilnehmen wollen. Doch die Krankheit und ein Unfall liessen Dein Vorhaben leider immer wieder platzen. Nach langer Krankheit hast Du am 28.April 2016 den Kampf gegen den Krebs verloren und wurdest von Deinem Leiden erlöst. Mit 39 Jahren leider viel zu früh.

 

Am Abend des 28. April schnürte ich meine Joggingschuhe und rannte plan und zeitlos durch den Wald und über Wiesen. Es war sonnig und sehr angenehm. Sehr viele schöne Erinnerungen gingen mir durch den Kopf und ich wollte den Tod von Katerina einfach nicht wahrhaben. Wie in Trance lief ich. Mit vielen Gedanken im Kopf und dennoch einer riesengrossen Leere. Irgendwo im schönen Krauchtthal sagte ich zu mir. Ich renne den Jungfraumarathon 2016. Ich meistere die 42,195 Kilometer und 1800 Höhenmeter für Katerina. Bereits 2 Tage später war die Umbuchung von Richu auf mich erledigt. Danke viel mal Richu!

 

Heute war der grosse Tag. Ich war gut trainiert und freute mich auf den Marathon. Eine bessere Laufzeit als vor 3 Jahren schien möglich. Pünktlich um 9h knallte der Böller in Interlaken die Läufer auf die Reise gegen die Kleine Scheidegg. Bereits nach 3km spürte ich grosse Emotionen. Das perfekte Wetter, die Vorfreude, die Unterstützung am Strassenrand und ganz weit oben Katerina die mir helfen wird ans Ziel zu kommen.

Die ersten 26 Kilometer bis nach Lauterbrunnen verliefen gut und problemlos. Ich war im Plan und fühlte mich gut. Ich freute mich auf die Steigung, die nach Lauterbrunnen endlich beginnt. Meine Stärke. Doch nach bereits einigen Höhemeter an „der Wand“ gegen Wengen, wurde ich gebremst. Aus den Lautsprecherboxen weit oben lief immer „Another brick in the Wall“ von Pink Floyd. Und der „Brick“ hatte ich irgendwie immer in meinen Beinen. Erste Krämpfe machten sich bemerkbar. Obschon ich bereits langsam unterwegs war musste ich das Tempo nochmals drosseln. Auf der geraden Strecke war wegen den Krämpfen auch ein leichtes joggen nicht mehr möglich. Endlich Kilometer 30 und Massage. Es tat gut aber es besserte nicht wirklich. Immer noch blieben 12km und ein paar knackige Höhenmeter vor mir. Aufgeben in Wengen ging mir immer wieder durch den Kopf. Soll ich, soll ich nicht? Das Publikum und die Musik in Wengen motivierten aber gnadenlos zum weiter laufen. Die Schlusszeit war mir schon längstens egal. Das Ziel hiess ganz einfach „ZIEL“.

Ich kämpfte und plagte mich weiter aufwärts. Die Beine fühlten sich an, als hätte mir ein Mafioso Betoschuhe angezogen. Tonnenschwer. Die Tafeln mit der Kilometeranzeigen, es wurden sogar alle 250m angegeben, schienen mir immer weiter auseinander aufgestellt. Station Wixi. Die Beine wollten schon länger nicht mehr. Der Kopf und auch der Schnauf sagten, hopp weiter ufwärts. Das ich das Ziel erreichen werde war mir ab da klar. So wanderte ich weiter mit X anderen Läufer. Im Gänsemarsch gings auf dem Bergweg über die Moräne. Nun waren auch die Alphornbläser in Sicht und Hörweite. Dort vorbei mit Hühnerhaut, Tränen und Emotionen. Am Ende der Moräne dudelte noch der Dudelsackbläser. Genial und nochmals ein Motivationsschub. Ein weiteres mal musste ich mich massieren lassen, denn die Krampferscheinungen kamen nun noch regelmässiger. Noch rauf bis zum Schoggipass, ja da gibt es Schoggi und dann nur noch 1,5 Kilometer abwärts ins Ziel. Auch abwärts war ein joggen schier unmöglich und so wanderte ich etwas zügiger gegen das Ziel. Leicht joggend, denn Show muss sein :-), erreichte ich nach 6 Stunden und 11 Minuten das Ziel.

Rasch nahm ich die Medallie entgegennehmen, holte mir ein Bier und marschierte über die Wiese. Weit weg wo ich alleine war. Und jetzt konnte ich den Emotionen definitiv freien Lauf lassen.

 

Katerina, dieser Lauf war für DICH. Du hast mir sicher geholfen das Ziel zu erreichen. Die Strapatzen haben sich gelohnt. Unser Finisher-Shirt ist zwar farblich nicht ein Hit. Aber vielleicht ist genau dieses „Pink“ auch kein Zufall.

Eine Lieblingnachbarin wird es nur eine geben. Käthi ich vermisse dich. R.I.P.

 

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1 Kommentar zu „Der sehr emotionale Jungfraumarathon 2016“

  1. Hoï Sünneli
    So hesch es gschaft us mine auge es chlises träneli la ga. Ja ig bi sehr emotiv wenn ig so en gefühlsame text läse. Merci viu mau das ig dini liebwürdigkeit zum Käthi ( Wo ig nid kenne) so expressiv beschribsch. Jede wo mit dir befründet isch chan ig nume säge de hät es riese glück.
    Merci no mau Mami Susi

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